Der Anfang...
...liegt weit zurück. Cynthia hat regelmässig geweint, wenn ich Motorrad fahren ging und sie zu Hause bleiben musste. Also kam an die Ultra Electra Glide von Harley 1997 das Original Harley Boot dran. Übrigens, ein Jahr später gab Harley die Immatrikulation der Seitenwagen in Europa auf. Das war einer der letzten Seitenwagen von Harley in Europa.
Da die Harley keinerlei Hilfen und Anpassungen um das Seitenwagen fahren zu erleichtern hat, war die Technik zum Gespann fahren, ein Muss. 15'000 Km inkl. sechs Fahrstunden brauchte es, bis mir das Ganze wirklich Spass machte. Bis ca. 4'000 km war nach Ausfahrten Muskelkater an Orten, die ich meinte ,die gibt es so nicht, die Normalität.
Die erste Ausfahrt mit dem nigelnagelneuen Harley Gespann, frisch ab Garage, ist geschichtsträchtig. Auf dem Weg vom Abholen in Ostermundigen nach Oberburg zu der Gespann-Fahrstunde, landete ich im Acker. Der Klassiker - in der Rechtskurve vor der Ortschaft Krauchthal von Boll kommend hob mein Seitenwagenrad ab. Ich bin derart erschrocken, dass ich ruckartig vom Gas ging. Bingo! Sie haben gewonnen. Denn jetzt geht es geradeaus. Kein Auto, Zaun, Baum etc. im Weg. Freie Fahrt in den Acker. Mit 30 Minuten Verspätung bin ich beim Fahrlehrer eingetroffen. Der grinste und meinte: "Ich sehe das Thema ist gegessen" und zeigte auf das verdreckte Gespann. "Bist zu schnell vom Gas, als das Seitenwagen in der Luft war. Sieht mindestens danach aus."
Auf den Ausfahrten mit den Berner Gespann-Freunden war die Harley ein Exot und langsam. Um trotzdem, einigermassen den Anschluss zu halten, fuhr ich öfters an der Grenze des Machbaren. Das hatte seinen Preis. Der Unterhalt des Harley-Seitenwagens schoss in die Höhe. Egal, welche Kosten betrachtet wurden: Service, Reifen, Schäden, Unterhalt…
Seitenwagenfahren - wie geht das?
Das Dreieck mit dem versetzten Seitenwagenrad ist der Zauber und die Kunst. Das zu beherrschen, bedingt eine komplett andere Technik des Motorradfahrens. Wer das Boot rechts hat, ein sogenannter Rechtsläufer: Beschleunigt in Rechtskurven konstant und bei Linkskurven wird das Gas langsam zurückgenommen oder leicht (leicht) angebremst. Im Notfall ist Gas geben bei Gespannen die bessere Alternative, anstelle zu bremsen. Beim Bremsen schiebt das Gespann gegen Links in den Gegenverkehr. Beim ruckartigen Bremsen oder vom Gas gehen, geht es geradeaus, egal wie die Lenkerstellung ist. Die freigesetzten Kräfte der Kurvenfahrten fordern ihren Tribut. Dazu kam der jugendliche Übermut auf geraden Strassen den Seitenwagen hochzunehmen. Kein Wunder, erschreckt der unbedarfte Automobilist, wenn ein Gespann mit dem Boot in der Luft entgegenkommt. Für die Polizei ist das ein Zeichen von Nichtbeherrschen des Fahrzeugs. Obwohl genau das, dass Beherrschen des Fahrzeuges auszeichnet.
Gespannfieber mit dem Zeus packt mich
Ein Erfahrungswert besagt, dass ein gefahrener Kilometer mit einem Solo ca. zehn gefahrenen Km mit dem Seitenwagen entspricht. Um die Abnutzung und Verschleiss ins Verhältnis zu setzen. Die Unterhaltskosten mussten runter. Mit Familie, Haus etc. einfach nicht mehr leistbar. Deshalb schaffte ich mir 2003 von Side-Bike das Modell Zeus mit ABS an. Alles Autotechnologie, und entsprechend preiswert im Unterhalt. Der Motor (Peugeot und Citroen verwenden den) zwei Liter, vier Zylinder und sechzehn Ventile. Der Antrieb sitzt hinter den zwei Passagieren in der Kabine. Das Gepäck im Kofferraum ist immer schön gewärmt vom Motor. Jetzt waren mit den Reifen 30’000km möglich. Beim klassischen Seitenwagen war das Hinterrad nach 2'500 bis 3'000 km platt. Im Winter sind zwei angetriebene Räder inkl. Winterbereifung und das geringe Gewicht (650kg) genial. Das alles zusammen sorgt für mehr Fahrsicherheit. Heute hat Zeus knapp 280'000 km auf dem Tacho und Etliches erlebt und gesehen. Egal welches Wetter fuhr ich mein Gespann. In kalten Jahreszeiten fuhr ich viel mehr Kilometer, denn gegen die Kälte und Nässe kann ich mich schützern. Im Sommer wird es schwierig Kühlung zu kriegen vor der Hitze. Beispiele dazu sind der April dieser Monat ist derjenige der tausend Regen in Portugal, während 3 Wochen kreuz und quer. Oder im Januar in Schweden. Die Extreme reizen und erleichtern mir heute Unangenehmes auszuhalten und zu bewältigen. Erst 2016 kaufte ich mir einen Ersatz Zeus als Occasion. Das Fahren im Winter hinterlässt Spuren und nagt an der Elektronik. In der kalten Jahreszeit fuhr ich mehr Kilometer als bei Hitze. Ein Auto hatte ich keines mehr.
Zeus machte viel Freude. Der Wunsch nach mehr Drehmoment, grössere Reichweite und zusätzliche Bodenfreiheit für Schotterpisten wuchs. Da ist ein Dieselmotor naheliegend. Was wenn ich ein Gespann hätte mit dem ich um die Welt fahren könnte? Mein Traum war, jährlich 4-6 Wochen zu fahren, einstellen und mit dem Flieger zurück in die Schweiz. Ein Jahr später die Fortsetzung und so weiter. Bis die Welt umrundet ist und starten, am besten an meinem 50sten Geburtstag. Die Saat war im Boden und es dauerte nicht lange, da wollte ich das wahr werden lassen.
Erste Schritte und Hindernisse der Idee Dieselgespann
Es begann damit, dass ich eine Anfrage an die Fachhochschule in Biel gestellt habe. Besteht Interesse an einer Diplomarbeit zu Seitenwagen mit Dieselantrieb? Leider wählte das Projekt keiner der Schüler aus. Parallel suchte ich alle Seitenwagen-Hersteller von der Schweiz und Europa. Die Favoriten fragte ich an. D.h. diejenigen, denen ich das zutraute zu bauen. So stiess ich auf Horst Ulrich mit seinen HU-Gespannen. Sie sind keine Schönheiten, doch für den rauhen Einsatz gemacht. Für die Rallye Paris Dakar baute er mehrere Modelle für Privatfahrer. Ich beauftragte ihn, eine Machbarkeits-Studie zu erstellen. Das war im Jahr 2007 und somit der Startschuss für das Projekt. Sein Kommentar: Ich habe schon viel Verrücktes gebaut, doch das ist zum Abschluss meiner Gespann-Baukarriere, der krönende Abschluss. Dino war das letzte von Horst Ulrich (HU) gebaute Gespann. HU-Gespanne werden im Occasionsmarkt teuer gehandelt.
Beim Definieren des Gespannes waren die Auflagen: Weltreisegespann, Fixpreis, zwei angetriebene Räder, Reichweite mind. 1’200km, mehr Drehmoment als Zeus und die Gewichtsverteilung für optimale Fahreigenschaften, standen im Vordergrund. Ob eine oder mehrere Personen Platz hatten, spielte mir damals keine Rolle. Es sollte einfach ein Dieselmotor mit wenig Technik sein. Den zum Start bestellte und bezahlte Industriemotor wurde nicht geliefert. Im Gegenteil, ich erhielt das Geld zurück. Der Verkauf wurde annulliert. Der Motoren-Lieferant bekam mit, dass der Motor für die Strasse ist und wollte aus Haftungsgründen nicht liefern. Dabei wäre das der einfachste Weg gewesen. Ein Motor ohne anfällige Elektronik. So beginnen gute Projekte mit Problemen.
Sechs Monate nach Projektstart kam ein Anruf von Horst Ulrich, er hätte jetzt ein Dieselmotor gefunden. Ein VW-Caddy Unfallwagen mit knapp 400km. Der Motorenraum, inkl. Motor und Antriebsachse, waren unbeschädigt, den Rest hat ein LKW zusammengestossen. Was ist das für ein Motor? HU meinte trocken; Leistung ohne Ende (1.9 Liter TDI). Ich darauf: Auf was wartest du noch, wenn du dir das so zutraust - auf die Plätze fertig los.
Bau und Elektronik - Wahnsinn fast ohne Ende
Für den Bau des Rahmens benötigte HU knapp 2 Jahre. Parallel dazu mussten alle Fehler im BUS-System d.h. in der elektronischen Steuerung gelöscht werden. Jetzt begann es richtig kompliziert zu werden. Ein Auto verfügt über Fenster, Türen, vier Räder, Sicherheitsgurte, Scheibenwischer etc. die Aufzählung der elektronischen Steuerungen würde den Blog sprengen – VIELE. Ja, sogar wenn ein Einkaufskorb auf dem Beifahrersitz liegt, kann der Motor nicht gestartet werden. Es sei denn, der Einkaufskorb ist angeschnallt. Ein Gespann hatte das alles nicht und dazu noch drei Räder. In Holland fanden wir einen Motoren-Experten der all das beheben konnte. Das alleine dauerte 3 Monate.
Das Projekt machte mir nachts öfters zu schaffen. Dann lag ich wach und schimpfte über meinen Optimismus der Machbarkeit. Oder die naive Zeitachse für die Fertigstellung. Das Prüfen kam ja noch oben drauf. Die Zeit lief, und das Projekt stockte immer wieder. Monatelang ging nichts Sichtbares voran. Doch im Kopf arbeitete es bei HU öfters als ihm lieb war. Das macht die Anrufe mit HU schwierig. Ich, geprägt von Frust, Ungeduld, Unverständnis etc. und HU im Dauerstress arbeitend an den Problemen. Als Einmannfirma hatte er das Gewicht und die Grösse des Motors und Rahmens unterschätzt. Das Jahr 2012 kam und Dino war nach wie vor nicht fertig. Es war zum aus der Haut fahren. Speziell die Spötteleien, Kommentare und Sprüche der motorenverrückten Freunde. Dazu kam, dass ich 2012 mit dem Gefährt meine erste Reise zum 50sten Geburtstag machen wollte. Doch wir sind immer noch im Bau und das Prüfen steht noch an. Super.
Die Schaltung war ein anderer Knackpunkt, der kaum Fortschritte erzielte. Der Hintergrund so einfach, wie trivial. Die Vorderachse mit dem Motor wurde schräg hinter den Fahrer gesetzt, die Räder geradegestellt und fixiert. So war es möglich beide Räder einfach anzutreiben. Die nach vorne verlegte Handschaltung machte mir mehr Kopfzerbrechen. Wie schaltet man eine Autoschaltung auf dem Motorrad? Am Ende wurde das Schalten mit einer genialen Seiltechnik gelöst. Weder VW-Garagen noch der Motoren-Hersteller waren bereit, irgendwelche Angaben und Hilfestellungen zu leisten, um das Ganze zu vereinfachen.
Ungeprüfter Rohbau mit Testphase in der CH
Parallel dazu verschärften sich die Bedingungen für die Zulassung von Seitenwagen in Deutschland dramatisch. Was dazu führte, dass ich im Januar 2014 die Nerven inkl. Geduld verlor. Erich Fahrer bot seine Hilfe an, um den Transport in die Schweiz durchzuführen. Als Erich die Werkstatt von HU sah, war er sprachlos. Dass das möglich ist, so einen fantastische Seitenwagen zu bauen mit so einer einfachen, wie verzettelten Infrastruktur, kaum vorstellbar. Sein Respekt wuchs gewaltig. Wenn ich damals gewusst hätte, was auf mich zukommt, wäre meine Geduld riesig gewesen und ich hätte die Prüfung in Deutschland abgewartet.
Zu Beginn bekam ich von einem befreundeten Garagisten (Max Urech) eine Garagen-Nummer. Er kümmerte sich um Stossdämpfer und Bremsen. Das ABS funktionierte nicht einwandfrei. Jetzt begann die Zeit, das Gefährt im Einsatz zu testen, mit allen Schwierigkeiten eines Prototyps. Dino war zu der Zeit fahrtechnisch kaum zu bändigen und zu fahren. Einmal auf der Autobahn, blieb nur noch das Ausweichen auf den Pannenstreifen - die Bremsen versagten. Seid ihr schon mal mit zu viel Gas um eine Kurve gefahren? Das ist mir ständig passiert. Dino machte keine Freude zum Fahren, er war ein schwerfälliger Klotz. Er brachte Leistung bis zum Abwinken, doch eine Kurvenhatz wie mit dem Zeus oder der Harley, war unvorstellbar. Frust.
Erst als Roland Lüthi aus Gampelen sich um Dino kümmerte änderte, das von Mal zu Mal. Ich schilderte meine Erfahrungen, und er korrigierte. So wurde das Fahrwerk laufend angepasst. Selbst wollte er nicht fahren. Roland hat eine eigene Kleinserie Gespanne mit der African Tween gebaut. Damit war Dino in den besten Händen.
Bei der ersten grossen Ausfahrt mit Dino gab es nach 270km eine Riesenüberraschung. Funkenwurf. Der Pneu des Seitenwagenrades sah arg mitgenommen aus. Das Drahtgeflecht und das Tuch waren mehr als nur sichtbar. Gottseidank hatte ich ein Reserverad dabei, das wir wechseln konnten. Auf dem Trottoir mit allem unterlegt was wir fanden, ist der Radwechsel erledigt worden. Hier war schnell klar, was der Grund dafür war, dass das Fahren mit dem Dino so schwierig war.
Ihr Leser erinnert euch: die Vorderachse war schräg eingebaut, die Räder geradegestellt und fixiert worden. Das Verhalten der Räder war so logisch, wie einfach. Beim Ausfedern, wenn nur eine geringe, bis keine Belastung mehr auf den Rädern des Gespannes war, stellten sich die Räder an der Achse in den Originalzustand zurück. Bei Belastung richteten sie sich wieder auf die festgelegte Fixierung aus. Kein Wunder ,war der Pneu platt gefahren. Die Fixierung der Räder war am falschen Ort festgemacht.
Um das zu beheben, erstellte Heinz Furer zwei Halterungsteile für Hinter- und Seitenwagenrad. Zusammen mit Roland, Heinz und mir wurde der Fixierungspunkt ausgemessen. Schlicht ausgedrückt, wir haben einen Fixierungspunkt inkl. Halterung der Reifen beim Ausfedern festgelegt. Eine rudimentäre Hilfslehre um den Punkt heraus zu finden, war schnell gemacht. Den Punkt zu finden hingegen mehr als nur schwierig. Wie die Schaltung ein geniales Vorgehen. Das Fahren nach dem die neue Fixierung der Räder angebracht war, unvergleichlich. So verbesserten wir das Fahrwerk von Mal zu Mal. Hinten gab es Stossdämpfer aus dem Rennsport. Eines gab das Andere. Mein dämliches Grinsen beim Fahren wuchs kräftig.
Das Meisterstück die Zulassung - Alles ausgereizt
Dann trauten wir uns langsam an die Einzel-Zulassung. Dazu waren verschiedene Tests notwendig: Bremsleistung, Abgas, Verbrennung, Rahmenstabilität etc. Das Dynamic Test Center (DTC) in Vauffelin führte das durch. Bei der Besprechung des Vorgehens war klar, dass via Strassenverkehrsamt in Freiburg angefragt wird, was notwendig ist für die Zulassung. Die Tests sollten erst mit der schriftlichen Bestätigung des Amtes beginnen.
Die Mitarbeiter des DTC waren begeistert von der Brems- und Beschleunigungsleistung von Dino. So wuchtig wie Dino daherkommt, so brachial die Leistung. Das gepaart mit einer kaum vorstellbaren Wendigkeit. Ein Wolf im Schafspelz. Sie hätten schon viele einmalige Vehikel getestet, doch Dino sei auch für sie etwas Aussergewöhnliches. Die Lösung so einfach wie genial und erst die Schaltung…
Die Freude währte nur kurz. Der Projektleiter hatte einen Unfall und der STV führte die Tests durch nach der mündlichen Zusage, ohne die schriftliche Bestätigung abzuwarten. Als alles vorlag, begann der Schlamassel. Das Strassenverkehrsamt Freiburg verweigerte das Prüfen. Das solle der Kanton Bern machen, das sei der Wohnort des Besitzers. Super. Zurück an den Start.
Ich habe den Test bezahlt und war gleich weit wie vorher. Meine Frustration und Ärger waren kaum in Worte zu fassen. Meine geharnischte schriftliche Rückmeldung an das DTC wirkte so gut, dass das DTC mit dem Strassenverkehrsamt Bern Kontakt aufnahm. Doch weder das Gespräch unter Fachexperten noch meine Intervention half. Der Chef des Amtes für Zulassungen und Prüfungen in Bern meinte, so was gehöre verboten und nicht auf die Strasse. Arbeitsverweigerung in Reinkultur. Logischer nächster Schritt das Verwaltungsgericht und das entschied dann in meinem Sinne: Strassenverkehrsamt Bern muss Dino prüfen. Freude herrscht.
Roland und ich gingen gemeinsam an den Prüfungstermin mit Dino. Die Begrüssung vom Chef des Strassenverkehrsamtes war sehr speziell: Endlich lerne ich Sie kennen Herr Schlegel. Sie haben mich sehr beschäftigt doch etwas muss ich loswerden bevor wir mit dem Prüfen anfangen: Egal was das für ein Fahrzeug sein soll - Auto, Motorrad, Lastwagen… sowas gehört verboten und ganz sicher nicht auf die Strasse. Das Gericht hat entschieden und wir prüfen das. Also los… Zum Mitarbeiter, wenn was ist - ruf mich via Piper an.
Bei mir und Roland war im Gesicht fast zeitgleich abzulesen: Super, hervorragende Voraussetzungen für eine wenig erfolgreiche Zulassung. Und so kam es. Jedes Schlusslicht, egal ob Auto oder Motorrad, hat eine eingeprägte Nr. und Buchstaben. Auf dem Seitenwagenrad war ein Buchstabe, der für Autos galt. Das geht natürlich in keinster Art und Weise. Dazu mussten bei den Blinkern auf der rechten Seite Einsätze gemacht werden, damit Fussgänger nicht mit den Händen/Fingern hängen blieben.
Das maximale Gewicht ist 980kg. HU legte Wert darauf, unter einer Tonne zu bleiben. Das Amt löste das elegant indem sie beim Wägen von Dino das Durchschnittsgewicht eines Schweizer Töff Fahrers von 75kg nahmen. Somit bleiben für das Gepäck 10kg. Das ist so im Fahrzeugausweis festgehalten. Dazu muss ich sechs einzelne Seiten mitführen (Bilder, Testergebnisse, Masse…). Ich bin noch nie in der Schweiz angehalten worden von der Polizei. Sobald sie die Zulassungsnummer sahen, wurde ich durchgewunken. Meine Fantasie war dazu: Polizei will sich nicht mit einem derart krassen Fahrzeug auseinandersetzen das geprüft und zugelassen ist.
Mehr Kopfzerbrechen machte den Prüfungsexperten die Breite von Dino. Während dem gesamten Prüfungsprozess kamen immer wieder andere Angestellte des Amtes. Auch ein Freund, der seinen Roller gleichzeitig prüfte, war in der Halle,und erkannte Dino und mich. Der Beste war jedoch jener ,der dem arbeitenden Prüfungsexperten vorhielt, falsch zu messen. Er kam von der Pause und hatte noch nicht mal das Arbeitskleid angezogen. Bisher war die Breite von Dino kein Thema. Doch das änderte schlagartig und wurde zum Problem. Die maximale Breite für Seitenwagen ist in der Schweiz auf 2 Meter limitiert. Dino misst 2.05m. Der Chef wurde gerufen und der entschied: Fahrsicherheit geht vor. Den Lenker kürzen bedeutet weniger Hebel beim Lenken und fördert die Unfallgefahr. Der soll selbst schauen wie er um die Kurve kommt und Autos kreuzt. Hört ihr die Steine, die bei mir runterpurzeln?
Die Motorennummer fanden die Experten lange Zeit nicht egal wie viele da nachschauten und wussten wo die sich befindet. Ich hatte ja Zeit und musste ein zweites Mal ran. Genug Zeit die zu finden. Der Zweite Anlauf dann nur noch ein Spaziergang - 14.6.2016 Erstzulassung. Nach all den Mühen war das für mich wie Surreal. Bin ich wach, träume ich, ist das ein Scherz… Kein Wunder nach diesem Parcours und Zeit.
König der Landstrasse mit Nebenwirkungen
Es begann die Zeit des Fahrens mit einer offiziellen Nummer. Jedes Mal, wenn ich auf Dino stieg, ist das irgendwie etwas Aussergewöhnliches. Ich fühle mich wie der König der Landstrasse. Die Übersicht von oben ist komplett anders als beim Zeus, wo alles viel tiefer gelegt ist, und sehr kompakt wirkt.
Egal, wo du mit dem Teil hinfährst, es geht 1-2 Minuten bis sich Menschentrauben bilden. Mal weniger, mal mehr, doch in kürzester Zeit sind die Neugierigen bei Dino. Nervig ist die ewig gleiche Frage: Was kostet das Teil? Oder jene, die sich ungefragt auf Dino setzen. Das sind weniger spassige Facetten. Die Menschen, die selbst was erzählen oder ungewöhnliche Fragen haben, sind mir am liebsten. Für Andere unvorstellbar, dass das alles für eine Person ist. Oder dann jene, die dir Tipps geben, wie sie das machen würden, und was alles minderwertig gelöst ist. Auf der Strasse dann immer wieder Begegnungen und ungläubiges Staunen. Lachende Gesichter von klein bis gross, jung bis alt.
Seitenwagen haben eine spezielle Faszination. Nach dem ersten internationalen Seitenwagentreffen in Domat Ems, fuhren wir mit vier Gespannen via Oberalp zurück. Ein mir entgegenkommender Solo-Fahrer ist so erschrocken, dass er mitten in der Kurve sein Motorrad aus der Schräglage aufgerichtet hat. Das erzählte mir Regina, die bei Heinz als Beifahrerin d.h. Plampi (Seitenwagenpassagier) mitfuhr. Momente, die unbezahlbar sind.
Das führt dazu, dass ich grosse Menschenansammlungen oder populäre Orte und Städte meide. Verkehrstechnisch ist mir wichtig so zu fahren, dass ich keinen Stau erlebe auf der Strasse. Etwas vom Schönsten ist, morgens in den Tag zu fahren. Kurz vor Tagesanbruch aufbrechen. Die Ruhe und das langsame Aufwachen sind sprichwörtlich zu spüren. Pässe befahre ich, wenn überhaupt ,nur sehr früh am Morgen. Mir sind die Verrückten und Sonntagsfahrer, egal ob Rad, Bike, Auto, ein Dorn im Auge. Sie provozieren, und das ertrage ich nicht immer.
Übrigens überhole nie ein Polizeiauto. Weshalb eigentlich? Als ich erstmals über den Brünig in die Innerschweiz fuhr mit Dino, überholte ich ein Polizeiauto das exakt 80 km/h fuhr mit 85-88 km/h. Die fanden das eine solche Ungeheuerlichkeit, dass sie mich in Meiringen stoppten. Sie fanden, ich hätte eine Sonntagspredigt verdient. Also nahmen sie sich alle Zeit, um mich zu belehren, denn büssen war unmöglich. Das war für mich bestes Theater oder Schweizermacher. Die Polizei dein Freund und Helfer, die Oberlehrer. Ansonsten wurde ich nie während der ganzen Zeit in der Schweiz von der Polizei angehalten. Das Aussehen und die offizielle Nummer des Kanton Berns hielt die Polizei bei Kontrollen regelmässig davon ab, mich anzuhalten. Spätestens, wenn sie die Nummer sehen konnten wurde ich durchgewunken. Dabei muss ich neben dem Fahrausweis sechs A5 Blätter mitführen. Ob sich das rumspricht oder im Register steht, wo sie nachsehen, müssen.
Hier in Georgien ist das völlig anders. Ja, ich weiss, ich greife vor, doch hier erlebe ich keine Fahrt ,ohne angehalten zu werden. Wiederkehrend dasselbe Spiel – Alkoholtest, blasen. Papiere muss ich schon lange keine mehr zeigen. Ein Polizist lässt mich blasen und der andere macht Fotos aus dem Auto.
Wasserfest geht anders
Wie hat sich Dino in der Praxis bewährt? Rund 25’000km konnten fast ohne Zwischenfälle gefahren werden. Einmal riss der Kühlschlauch ab und diesen befestigten wir unterwegs in Frankreich, temporär mit Kabelbindern. Diese Lösung funktionierte das ganze Jahr. Einzig das Wasser, der grösste Feind für die Verkabelung und Tacho, begann sein Unwesen zu treiben.
Im Gegensatz zum Auto , wo bei Regen alle Armaturen im Trockenen sind ist beim Dino alles aussen angebracht. Egal, was bedient wird, im Auto mit Augen, Füssen oder Händen. Die Fahrt ans Schrauber-Treffen von Toni Marending ins Diemtigtal war des Guten zu viel. Es regnete Bindfäden bei der Anreise via Jaunpass von Bulle aus. Das Wochenende dito. Auf dem Heimweg dann Aussetzer von Licht und Blinker. Kaum trocken gelegt, fand ein Treffen in den Vogesen statt. Am Lichtsignal beim Ostring in Bern von Rubigen kommend, ging nichts mehr.
Hat schon mal jemand ein Gespann mit einer knappen Tonne Eigengewicht bei grösster Hitze alleine 70 Meter gestossen? Wenn ja, dann wisst ihr, dass schwitzen, fluchen und nervige Gedanken normal sind. Sei es über Dino, die abseitsstehenden Menschen, die ungerechte Welt, die brennende Sonne, über mich selbst… Oder wie kommt jetzt das Sauerteigbrot für das Fondue ,das ich extra beim Ängelibeck geholt habe, in die Vogesen?
Des Rätsels Lösung war, die automatische Wegfahrsperre ist aktiviert worden. Das passierte danach immer wieder. So wurde Dino erstmal auf die Seite gestellt. Erst Roland Lüthi konnte das Problem der losen Kabel und Wegfahrsperre dauerhaft lösen. Dank seiner Geduld und seinem Ideenreichtum, aus seinen vielfältigen Erfahrungen. Gleichzeitig verkabelte er die meisten Kabel wasserfest. Dazu muss der Leser wissen, dass fast alle angeschlossenen Kabel abgehängt wurden, ohne sie zu beschriften. Hintergrund der Nichtbeachtung von Dino waren andere berufliche und private Prioritäten. Und so musst Dino bis Ende 2022 warten, bis er wieder lief. Kurz b evor klar war, dass sich ein paar Töff-Fahrer auf den Weg nach Georgien machen. Was, wenn Dino dabei ist? Ja, er war dabei. Das wie, wo, was… im nächsten Blog.
Hoi Gerold Ich gratuliere dir zu diesem Werk und zum Bericht, spannend geschrieben! LG - Roland P. Graser